Die Instandhaltungsrücklage kann nicht mehr von der Grunderwerbsteuer abgezogen werden.

Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesfinanzhof (BFH)) in seiner Entscheidung vom 16. September 2020 – II R 49/17. Darin beschäftigte er sich mit der rechtlichen Frage, ob eine beim Kauf übernommene Instandhaltungsrücklage beim Kauf einer Eigentumswohnung beziehungsweise beim Erwerb von Teileigentum die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (Grunderwerbsteuergesetz) mindert.


Gliederung


Der Entscheidung des BFH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin hat Sondereigentum an vier Gewerbeeinheiten sowie neun Tiefgaragenstellplätzen zum Preis von 40.000 Euro erworben. Dazu gehören auch die Miteigentumsanteile am gemeinschaftlichen Eigentum, zu denen das Sondereigentum gehört, sogenannte Teileigentumsrechte. Inhalt des notariellen Kaufvertrags ist, dass der Anteil des Verkäufers an den gemeinschaftlichen Geldern im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung auf den Käufer übergeht. Dazu gehören unter anderem bereits gezahlte Vorschüsse sowie die Instandhaltungsrücklage.

Das Finanzamt setzt Mitte 2016 die Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung des Kaufpreises auf 2.600 Euro fest, ohne die Bemessungsgrundlage um die Rücklage für die Instandhaltung zu mindern. Der Käufer der Gewerbeimmobilien ist indes der Auffassung, dass die Übernahme bei der Grunderwerbsteuerberechnung entsprechend zu berücksichtigen sei. Er behauptet deshalb, dass die Bemessungsgrundlage um einen Betrag in Höhe von 14.815,19 Euro zu mindern sei.

Der Käufer legt Einspruch beim zuständigen Finanzamt ein, der jedoch negativ beschieden wird. Daraufhin erhebt der Käufer Klage vor dem Finanzgericht Köln und begründet die Klageerhebung damit, dass sich die Instandhaltungsrücklage kaufpreismindernd auswirke. Außerdem beruft sich der Kläger auf die ertragssteuerrechtliche Behandlung der Instandhaltungsrücklage als Wirtschaftsgut. Denn die Beteiligung der Wohnungseigentümer an der Rücklage stelle ein bilanzierungspflichtiges Wirtschaftsgut dar. Da sie als Geldforderung auf den Käufer übergehe, müsse sie aus der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ausgenommen werden. Doch das Finanzgericht Köln lehnt die Klage als unbegründet ab.

 

Entscheidung und Begründung des BFH

Gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln legt der Kläger Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ein und beantragt in der Revision, die Einspruchsentscheidung sowie den Grunderwerbsteuerbescheid aufzuheben. Doch der BFH bestätigt das Urteil des Finanzgerichts und weist die Revision zurück, da das Finanzgericht bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu Recht den Abzug der Instandhaltungsrückstellung verneint habe.

Als Begründung führt das Gericht an, dass beim Erwerb von Teileigentum der vereinbarte Kaufpreis, der die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist, nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung gemindert werden darf. Denn nach § 8 Abs. 1 GrEStG ist die Gegenleistung die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Das bedeutet, dass nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG Bemessungsgrundlage der Kaufpreis ist.

Aus Sicht der Richter gehört die anteilige Instandhaltungsrückstellung nicht zum Vermögen des Eigentümers. Stattdessen ist sie Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergesellschaft und damit Vermögen eines anderen Rechtssubjektes. Nach § 10 Abs. 7 Satz 1 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) gehört der Wohnungseigentümergesellschaft das Verwaltungsvermögen. Dabei handelt es sich um einen teilrechtsfähigen und parteifähigen Verband sui generis, der vom jeweiligen Mitgliederbestand unabhängig ist. Die einzelnen Wohnungseigentümer haben keinen Anteil am Verwaltungsvermögen und sind insoweit nicht verfügungsberechtigt. Auch der Übergang der Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft, die mit dem Eigentumsübergang des Teileigentums verbunden ist, rechtfertigt es nicht, die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um die auf das Teileigentum entfallende Instandhaltungsrückstellung zu reduzieren. Das bedeutet, dass ein rechtsgeschäftlicher Erwerb der Verfügungsberechtigung zivilrechtlich nicht möglich ist.

 

Die Auswirkungen der Entscheidung des BFH

Da stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dieses Urteil auf den Kauf einer Eigentumswohnung hat, was rechtlich als Erwerb von Teileigentum bezeichnet wird. Da die Instandhaltungsrücklage nicht mehr von der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden darf, führt das für Käufer zu einer weiteren Erhöhung der Kaufnebenkosten. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass die Grunderwerbsteuersätze in einigen Bundesländern ohnehin deutlich angehoben worden sind mit der Folge, dass der Staat Rekordeinnahmen verbuchen kann.

Vielleicht gehören auch Sie zu den Käufern, die Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid eingelegt haben, weil der Abzug der Instandhaltungsrücklage verwehrt wurde. Bislang haben die Finanzämter diese Einsprüche auf Eis gelegt, also von der Bearbeitung ausgesetzt. Das Urteil des BFH hat jedoch dazu geführt, dass die Bearbeitung der Einsprüche zu einem ablehnenden Bescheid der Finanzämter geführt hat.

Sie haben Fragen zum Urteil des BFH, zur Grunderwerbsteuer, oder brauchen Beratung beziehungsweise Unterstützung beim Kauf einer Eigentumswohnung? Kontaktieren Sie mich!

 

 

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