Die Corona-Pandemie sowie der Ukraine-Krieg machen dem Wohnungsneubau sehr zu schaffen. Wegen der Preissteigerungen und des Materialmangels befürchten Branchenverbände, dass zukünftig viel weniger gebaut wird.


Gliederung


 

Wohnungsbau ist ausgebremst

Steigende Bauzinsen, gestörte Lieferketten und explodierende Baukosten: Neubauten sind derzeit kaum noch kalkulierbar. Nach Umfragen in Mitgliedsunternehmen der BFW (Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen), ist dieser alarmiert. Die Mehrzahl der befragten Unternehmen stellen geplante Vorhaben zurzeit zurück oder stellen sie ein. Der BFW-Präsident Dirk Salewski bezeichnete diese Entwicklung als Vollbremsung in der gesamten Branche des Wohnungsbaus.
Regierung kann Zielvorhaben nicht einhalten

Die Umfrage zeigte einen Einbruch bei den Neubauvorhaben in naher Zukunft. 70 % der befragten Unternehmen haben ihre geplanten Projekte bereits zurückgestellt oder aufgegeben. Beschäftigt man sich mit diesen Zahlen, bedeutet das einen Rückgang zwischen 50.000 und 75.000 neuen Wohnungen.
Das Ziel der Bundesregierung von 400.000 Neubauwohnungen, kann daher nicht realisiert werden. Auch im Ein- und Zweifamilien-Wohnungsbau bewegen sich mittlerweile die Baugenehmigungen rückläufig. Gleiches gilt für die Baugenehmigungszahlen im Mehrfamilienhausbau. Der BFW-Präsident bezweifelt, dass diese Projekte eine Fertigstellung erreichen werden.

 

Umdenken beim Neubau dringend erforderlich

Nichtsdestotrotz besteht in Deutschland nach wie vor ein hoher Bedarf, insbesondere in den günstigeren Segmenten. Was es braucht, sind verlässliche Förderbedingungen, realistische und wirtschaftliche Neubau-Anforderungen. Zusätzliche Kostentreiber müssen ausgesetzt beziehungsweise abgeschafft werden. Alle Regelungen müssen noch einmal auf den Prüfstand. Laut der Umfrage wird das neue QNG-Fördersiegel nur von 6 % der Unternehmen beantragt. Das zeigt, dass es völlig wirkungslos und unattraktiv ist. Laut BFW-Präsident wird uns die Wohnungsnot noch lange begleiten, solange der Wohnungsbau nicht einfacher, günstiger und rentabler wird.
Neues Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird 2023 überarbeitet

Weiter erklärte Salewski, dass das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) ein guter Anfang wäre. Das neue Bundesgesetz ist Anfang 2022 in Kraft getreten und führt das Energieeinspargesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammen. Das GEG ist ein zentraler Baustein der deutschen Wärmewende. Eine weitere Änderung tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft: Der Jahres-Primärenergiebedarfs im Neubau von bisher 75 Prozent des Referenzgebäudes soll auf 55 Prozent reduziert werden. Dieser Weg sollte laut BF-Präsident schnellstmöglich und entschlossen weitergegangen werden. Schließlich sollten somit bezahlbares Wohnen und Klimaschutz miteinander kombiniert werden. Dazu müssten viele willkürliche technische Regeln realistisch angepasst werden, wie z.B. Anforderungen bei der Interpretation von Heizungsanlagen. Deutschland benötige eine neue Bodenständigkeit für die Zukunft, insbesondere Planungssicherheit.

 

Wohnungsgenossenschaften wollen Neubaupläne verschieben

Vor allem sind die Probleme den Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und der Corona-Pandemie geschuldet. Somit wird der Wohnungsbau vor bisher nicht bekannte Probleme gestellt. Aktuell droht der Einsturz der langjährigen positiven Baukonjunktur.
Hans Maier, Direktor der bayerischen Wohnungswirtschaft (VDW) erklärte, dass es mit Blick auf das Jahr 2023 erhebliche Einbrüche geben wird. Auch der norddeutsche Schwesternverband VNW gab an, dass in Norddeutschland ca. 86 % der sozial orientierten Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften die Neubau-Aussichten als schlecht bis sehr schlecht einschätzen. Die Mehrheit der Wohnungsgenossenschaften raten daher dazu, den Start von Neubauprojekten zu verschieben.
Lieferengpässe führen zu Preissteigerungen

Trotz Kostensteigerungen der Materialien wird aktuell weiter gebaut. Vonovia, Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen zusammen mit dem hauseigenen Bauträger (Buwog Development), äußerten sich wie folgt:
„Da die Buwog mit ihren Nachunternehmern zumeist Festpreise vereinbart, haben solche Preisschwankungen normalerweise keine kurzfristigen Auswirkungen auf unser Neubaugeschäft oder die Preise der aktuell angebotenen Eigentumswohnungen.“ (Eva Weiß, Geschäftsführerin Buwog Development)

Betrachtet man die Situation mittel- und langfristig, sind die Aussichten weniger erfreulich. 90 % der Unternehmen in der Bauindustrie klagten über Preissteigerungen, 80 % über Lieferengpässe. Manche Baustofflieferanten geben für einige Materialien nur noch tagesaktuelle oder gar keine Preise mehr an.

 

Gründe für die Entwicklung der Immobilienpreise

Gestörte Lieferketten und Corona sorgten für Ungewissheit und Zurückhaltung bei privaten Bauherren. Durch die starke Zunahme der Bauüberhänge bei gleichzeitigem Rückgang der Baufertigstellungen sind Bauherren gehindert, ihre Projekte zeitnah zu realisieren. Maßgebliche Rolle spielen hierbei deutliche Preissteigerungen, erhöhte Nachfragen nach einzelnen Baustoffen im Aus- und Inland und hohe Auslastungen im Baugewerbe.

In der jüngsten Analyse von Günter Vornholz (Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum) kommt dieser zu dem Schluss, dass der Höhenflug in der Immobilienbranche zunächst vorbei sei. Die zurückgehende Nachfrage würde sich somit auf die Kaufpreise niederschlagen. Es seien sogar schon einige Anzeichen für eine Trendwende sichtbar: Das Statistische Bundesamt zeige Daten vom 1. Quartal 2022, in denen die Preise im Vergleich zum Vorquartal stagnieren. Hauspreise könnten somit in Zukunft sinken.

 

Strategien in Hinblick auf die Wohnungspolitik

IW-Ökonom Steffen Sebastian (Institut der deutschen Wirtschaft) mahnt zur schnelleren Einsicht. Er kommt zu folgendem Schluss: „Es wird Zeit, dass die Regierung, allen voran der Kanzler, in aller Deutlichkeit sagt, dass sich die Welt verändert hat und die ursprünglichen Wohnungsbauziele nicht mehr einzuhalten sind.“
Es braucht dauerhafte und solide Rahmenbedingungen, damit wieder mehr Stabilität in den Wohnungsmarkt gebracht werden kann. Überdies benötigt die Branche eine ausreichende Förderung für die von der Bundesregierung angestrebten energetischen Standards. Des Weiteren bedarf es Freihandelszonen und einer eigenen Rohstoffpolitik, damit diese Branche gegen Krisen unempfindlicher wird.

 

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